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Ausgabe 47/2017

Rede des Bürgermeisters zur Einbringung des Haushaltsplanentwurfs 2018 vom 16. November 2017

21.11.2017

Der Entwurf des städtischen Haushalts für das nächste Jahr, den Bürgermeister Thomas Fehling in den letzten Wochen erstellt hat, wurde vom Magistrat am 13.11. formal gestartet (im Amtsdeutsch: festgestellt).

Daraufhin hat Fehling den Haushaltsentwurf 2018 am 16. November in der Sitzung der Stadtverordnetenversammlung "eingebracht". Damit startet die Phase der eigentlichen Haushaltsberatungen, die vor allem in Sondersitzungen des wichtigen Haupt- und Finanzausschusses Anfang Dezember stattfinden. Ziel ist es, dass Ergebnis der Beratungen, den Haushalt 2018, in der Stadtverordnetenversammlung am 14. Dezember 2017 zu verabschieden.

Hier finden Sie die Haushaltsrede von Bürgermeister Thomas Fehling im Original:

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BÜRGERMEISTER THOMAS FEHLING

Rede zur Einbringung des Haushaltsplanentwurfs 2018 am 16. November 2017


Sehr geehrter Herr Stadtverordnetenvorsteher,

meine Damen und Herren,

ich bringe heute den Haushaltsentwurf für das Jahr 2018 ein. Dieser Entwurf wurde vom Magistrat am 13.11. festgestellt. Er umfasst

den ausgeglichenen Ergebnishaushalt mit einem Volumen von 77,5 Mio. Euro

den Finanzhaushalt mit Investitionen in Höhe von 13,5 Mio. Euro

ein Haushaltssicherungskonzept für die Altfehlbeträge

den Stellenplan, welcher am 11.10.2017 mit dem Personalrat beraten wurde.

Der vorliegende Haushaltsentwurf entspricht allen Vorgaben der Kom­munalaufsicht und ist genehmigungsfähig.

 

Das Gesamtvolumen liegt um 7,2 Mio. Euro höher als der Haushalt 2017. Dazu einige Erläuterungen:

Auf der Einnahmenseite gibt es Positives zu vermelden:

Wir können bei der Gewerbesteuer 1,3 Mio. Euro mehr veranschlagen.

Bei der Einkommenssteuer erwarten wir 2,1 Mio. Euro zusätzlich.

Die Schlüsselzuweisungen sollen um 2 Mio. Euro steigen.

493.000 Euro bekommen wir vom Land für die Kindergärten.

266.000 Euro mehr erwarten wir bei der Grundsteuer.

Und besonders erfreulich ist, dass unsere Wirtschaftsbetriebe im Jahr 2016 einen Überschuss von 900.000 Euro erwirtschafteten, wovon zwar 600.000 Euro für den Verlustausgleich 2016 verbucht werden mussten, aber trotzdem 300.000 Euro Gewinnabführung an die Stadt übrig bleiben. Hier haben sich unsere großen Anstrengungen der letz­ten Jahre bei der Optimierung der GmbHs ausgezahlt. Über diesen Er­folg freuen wir uns sehr.

 

Die großen Positionen bei den Aufwendungen:

Die Kreis- und Schulumlage steigt erneut an. Für das kommende Jahr ist eine Steigerung um sage und schreibe 2,4 Mio. Euro veranschlagt. Ich persönlich finde das Vorgehen des Landkreises unerhört. Einer­seits werden von der Kommunalaufsicht die Daumenschrauben immer fester angezogen, andererseits bedient sich der Landkreis bei den Kommunen immer stärker.
Dabei ist für mich die Erhöhung der Schulumlage im letzten Jahr über­haupt nicht nachvollziehbar. Ich finde, die Kreispolitik macht es sich beim Thema Schulen zu einfach, indem sie sich den offensichtlichen und notwendigen Anpassungen verweigert und die explodierenden Kosten einfach an die Kommunen weitergibt.

Hier sollten sich auch meine Bürgermeisterkollegen im Kreistag mal ernsthaft Gedanken machen, wessen Brot sie essen. Kann man wirk­lich Diener zweier Herren sein?

Die Personalkosten steigen um ca. 1,8 Mio. Euro. Der größte Posten dabei stellen die zahlreichen neuen Stellen im Bereich Kindergärten dar.

Zudem ist bei den Personalkosten eine Tarifsteigerung von 2,5 % ein­kalkuliert.

 

Die erfreuliche Situation der Steuermehreinnahmen möchte der Magist­rat dazu nutzen, um den Eigenbetrieb Kur aufzulösen und die Aufgaben wieder in die Stadt zu integrieren. Ein eigener Betrieb für diese Aufgaben macht keinen Sinn mehr, es entstehen nur unnötige Kosten (z.B. für die Buchführung und die Jahresabschlüsse) und er erschwert die zügige Durchführung von Aufgaben. Allerdings wird uns die Rückführung auf einen Schlag 1,7 Mio. Euro kosten, denn das sind die angehäuften Ver­luste des Kurbetriebes über die Jahre. Auf die Frage, warum denn gera­de jetzt?, will ich antworten: Es kommt ohnehin auf uns zu, also warum nicht jetzt Schulden zurückzahlen, wo wir höhere Steuereinnahmen er­warten können? Wir leisten damit einen wichtigen und wertvollen Schritt zum Schuldenabbau.

 

Meine Damen und Herren,

ich will Sie verschonen mit allzu vielen Details zum Haushalt und zu den einzelnen Produkten. Da können wir in den anstehenden Beratungen tie­fer einsteigen. Aber ein paar grundlegende Gedanken will ich in die an­stehenden Haushaltsberatungen mitgeben.

Thema Kindergartengebühren:

Hier kann ich dem Bund und dem Land nur gratulieren, denn dort wer­den immer neue Standards definiert, die bei uns die Kosten drastisch nach oben treiben. Gleichzeitig beschließt das Land eine Kostenüber­nahme der Kita-Gebühren für die Eltern, die bei uns nur einen Bruchteil der tatsächlichen Betriebskosten abdeckt. Wir bekommen je Kind und Betreuungsstunde gerade mal 1,03 Euro bei gleichzeitigen Istkosten von 5,03 Euro. Das heißt, wir bekommen 493.000 Euro bei Gesamtkosten von 7,86 Mio. Euro. Es bleibt eine Deckungslücke von 4,8 Mio. Euro!

Ganz ehrlich, das ist für mich eine Entlastung der Bürger zu Lasten der Städte. Den Eltern werden kostenfreie Kindergärten in Aussicht gestellt, was aber so für die Städte nur schwer darstellbar ist.

Die Verwaltung und ich verstehen die vom Land vorgegebenen sechs Stunden Betreuung jetzt als Pflichtaufgabe, die von uns gebührenfrei zu leisten ist. Alles darüber hinaus stellt eine freiwillige Aufgabe der Stadt dar.

Bad Hersfeld erbringt heute insgesamt 1.564.000 Betreuungsstunden. Davon zählen rund 1.134.000 (73 %) zu den neuen Pflichtstunden und rund 430.000 (27 %) zu den neuen freiwilligen Leistungen.

Da das Land seinen Anteil bereits bei den Pflichtstunden einbringt (wohlgemerkt knapp 1/5 der tatsächlichen Kosten), müssen wir das Land bei der Verteilung der Kosten für die freiwilligen Leistungen außen vor lassen. Im Haushaltsentwurf haben wir eine Verteilung von 50:50 zwi­schen Stadt und Eltern vorgesehen. Das halten wir für fair. Somit haben die Eltern pro zusätzlicher Betreuungsstunde für ihr Kind nur 2,52 Euro zu zahlen – wohlgemerkt für eine professionelle Kinderbetreuung auf qualitativ höchstem Niveau. Dies entspricht letztlich bei einem Tag mit   10 Stunden Betreuung einer Subvention der Eltern durch die Stadt pro Kind von 200 Euro pro Monat.

Thema Hessentag:

Der Hessentag 2019 ist eine große Chance für unsere Stadt. Er ist aber zugleich auch eine immense Herausforderung und Kraftanstrengung, die geleistet werden muss. Die Kommunalaufsicht nimmt auf die besondere Situation Rücksicht und gewährt uns neben der gedeckelten Nettokredit­aufnahme von 5,9 Mio. Euro zusätzliche Kredite für die Hessentagspro­jekte, wenn diese über den Investitionsfond A ohne Zinsen aufgenom­men werden. Dadurch kommen wir auf eine Kreditaufnahme von 11,764 Mio. Euro, die nach Abzug der Tilgungsleistungen eine neue, zusätzliche Verschuldung von 9,512 Mio. bedeutet. Uns allen muss klar sein, dass mit diesem Haushalt und den darin enthaltenen Investitionen die Ver­schuldung noch weiter ansteigt.

Die Gesamtverschuldung der Stadt (ohne GmbHs und Eigenbetriebe) steigt nach unserer Planung bis Ende 2019 auf ca. 110 Mio. Euro an. Ab 2020 (also nach dem Hessentag) haben wir eine Kehrtwende eingebaut und für Ende 2020 einen leichten Rückgang der Schulden auf ca. 108 Mio. Euro und für 2021 auf 106 Mio. Euro vorsehen. Dieser Weg des Schuldenabbaus soll dann konsequent fortgesetzt werden.

Wir hatten heute einen Antrag, dass ein Konzept für den Abbau der lang­fristigen Verbindlichkeiten erarbeitet werden soll. Nun, das ist relativ ein­fach. Nehmen wir die jetzt existierende Verschuldung von rund 99 Mio. Euro und teilen diese durch einen angenommenen Abbaupfad von 30 Jahren, dann sind jedes Jahr 3,3 Mio. Euro Tilgung zu leisten. Will man den Abbaupfad beschleunigen, dann müssen die Tilgungen erhöht wer­den. Die Tilgung muss aus dem laufenden Geschäft finanziert werden!

Nach dem Hessentag, also ab dem Jahr 2020, werden die Herausforde­rungen und Kraftanstrengungen damit nicht weniger. Dann müssen wir zudem die Altfehlbeträge über den laufenden Haushalt ausgleichen. Wir sprechen hier über 31 Mio. Euro, die in einer noch zu definierenden Zeit rückgeführt werden müssen.

Nehmen wir mal an, wir bekämen dafür von der Kommunalaufsicht zehn Jahre Zeit, dann bedeutet dies, dass wir jedes Jahr weitere 3,1 Mio. Euro aus dem laufenden Geschäft abzweigen müssen. Die finanzwirtschaftli­che Luft wird ganz dünn. Wo ist die Sauerstoffmaske?

Bitte nutzen auch Sie die verbleibenden Jahre, um gute Ideen dafür zu entwickeln.

Nehmen wir zusätzlich noch an, dass es in den nächsten Monaten oder Jahren wieder höhere Zinsen geben wird, dann bedeutet jeder höhere Prozentpunkt für eine Million Euro Kreditaufnahme ein Mehr an Zinszah­lungen von jährlich 10.000 Euro. Es gibt keine finanzwirtschaftliche Luft mehr. Wie sagte meine Oma: „Es geht ans Eingemachte.“

 

Meine Damen und Herren,

warum belästige ich Sie mit solchen bösen Szenarien? Warum liste ich hier allseits bekannte Sachverhalte auf?

Weil ich den Eindruck habe, dass so mancher in diesem Hause die Be­drohung und die Auswirkungen immer noch nicht verstanden hat oder aber vielleicht nicht wahrhaben möchte.

Wenn es keinen unverhofften Geldregen oder einen Lottogewinn gibt, dann werden die eben geschilderten Auflagen dazu führen, dass wir ab 2020 die freiwilligen Leistungen der Stadt ganz massiv zurückfahren müssen. Der Hessentag hat uns quasi eine Gnadenfrist gebracht. Aber das Problem ist aufgeschoben, nicht aufgehoben.

Da die Festspiele eine freiwillige Leistung darstellen, werden auch unse­re Festspiele in Gefahr sein. Die Freiheitsgrade, die wir heute noch ha­ben, werden dann auf Genehmigungsbehörden in Kassel oder Wiesbaden übergehen und von dort entschieden. Ob diese Entschei­dungen dann in unserem Sinne sind, wage ich zu bezweifeln.

Ich will gar nicht auf die Einzelheiten eingehen, denn diese haben wir zuhauf in verschiedenen Gremien beraten. Aber ich möchte nochmal da­ran erinnern, dass die Verantwortlichen in Bad Gandersheim genau aus diesem Grund die Festspiele in eine gGmbH ausgegliedert haben, damit über den Zuschuss ein Vertrag geschlossen werden kann und es sich damit nicht mehr um eine freiwillige Leistung handelt.

Warum bloß verwehren sich bei uns einige den Erfahrungen anderer Städte? Und ich gebe hier zu bedenken, dass es sich bei den Verant­wortlichen in Bad Gandersheim um SPD-Politiker handelt.

Ich kann überhaupt nicht nachvollziehen, dass sich die Mitglieder der hiesigen SPD-Fraktion nicht mal bei ihren Parteifreunden in Niedersachsen informieren. Mir wurde von den Bad Gandersheimer SPD-Leuten bestätigt, dass es dazu bislang noch keine Kontaktaufnah­me gegeben habe. Ich empfinde das als äußerst schade, denn dann würden auch die Sozialdemokraten aus erster Hand erfahren, welche Vorteile eine gGmbH hier hätte und dass Bad Gandersheim es sofort wieder machen würde.

Ich habe diesen Punkt in diese Rede aufgenommen, damit nachher nie­mand von Ihnen behaupten kann, er wäre nicht informiert gewesen oder wir hätten das nicht genug deutlich gemacht.

 

Meine Damen und Herren,

mir liegen die Festspiele sehr am Herzen. Deshalb erneuere ich meinen Appell, dass wir die Ausgründung wohlüberlegt, aber zielsicher voran­bringen. Für mich spielen einige mit den Festspielen russisches Roulet­te. Ich möchte nicht der Totengräber unserer Bad Hersfelder Festspiele sein.

Ich denke, wir sind uns einig, dass die Festspiele unsere Stadt zu einer besonderen Stadt machen. Deshalb haben wir für 2018 den Beitrag der Stadt wieder bei 1,4 Mio. Euro angesetzt. Natürlich ist dem Magistrat klar, dass es sich dabei um eine große Zahl für eine Kleinstadt mit knapp 30.000 Einwohnern handelt. Stellen wir diesem Betrag mal seinen drei­fachen Nutzen gegenüber:

Wir bieten unseren Bürgern ein Kulturprogramm, das andere Städte nicht für ihre Einwohner zur Verfügung stellen. Nehmen wir von den 1,4 Mio. Euro mal 400.000 Euro für diesen Zugewinn an Lebensquali­tät, so subventionieren wir die ca. 8.000 Hersfelder, die unsere Fest­spiele besuchen, einmalig mit je 50 Euro.

Seitdem Dieter Wedel die Intendanz übernommen hat, verzeichnen die Festspiele eine deutlich gestiegene, deutschlandweite Aufmerk­samkeit, wie wir sie lange nicht hatten. Es wird in allen Medien inten­siv berichtet, wir sind regelmäßig im Fernsehen, selbst die Bunte be­richtet auf zwei Seiten aus und über Bad Hersfeld. Teile ich die ver­bleibende Million Euro durch zwei, so entstehen uns für diesen un­glaublichen Medienwert Kosten von gerade einmal 500.000 Euro. Ich bin mir sicher, eine Werbekampagne dieses Ausmaßes würde uns mehrere Millionen Euro kosten und höchstwahrscheinlich trotzdem nicht die Beachtung finden, die Herr Wedel auf sich und Bad Hersfeld zieht.

Wer im Sommer diesen Jahres an einem Abend mit Theaterauffüh­rung versuchte, am Linggplatz einen Tisch zu bekommen und dann enttäuscht von dannen ziehen musste, der weiß, was die Festspiele für unsere Gastronomie, die Hotels und den Einzelhandel bedeuten. Das krasse Gegenteil konnte man manchmal tags drauf erleben, wenn bei den Festspielen spielfrei war. Die Stadt war nahezu leer. Betrachten wir die noch verbleibenden 500.000 Euro als Wirtschafts­förderung für die örtlichen Betriebe, die dadurch ein Vielfaches an Einnahmen verbuchen können. Diese Betriebe zahlen ihre Steuern, entlohnen ihre Mitarbeiter und kurbeln selbst den Wirtschaftskreislauf in Bad Hersfeld weiter an. Somit sind auch diese Euros gut investiert in die Wirtschaftskraft und damit in eine hohe Lebensqualität unserer Stadt. Ich bin gespannt auf die Studie zur Umwegrentabilität, die uns in Kürze vorliegen soll. Garantiert wird die Studie meine Annahme be­stätigen und vielleicht sogar noch übertreffen.

 

Meine Damen und Herren,

wir sollten zum Abschluss einmal kurz den Blick von Bad Hersfeld lösen und ins Umfeld schauen.

Wenn Sie die letzten Monate die Aktivitäten in Fulda verfolgt haben, dann wissen Sie, dass Fulda ordentlich Gas gibt. Man wird in Fulda im Jahr 2019 das „Stadtjubiläum“ feiern und anschließend in 2023 die Lan­desgartenschau ausrichten. Wie wir kürzlich vernehmen durften, hat sich Fulda zudem für den Hessentag 2021 beworben. Wir müssen höllisch aufpassen, dass wir nicht völlig zurückfallen. Uns allen muss klar sein, je mehr wir uns mit uns selbst beschäftigen und gegenseitig das Leben schwer machen, umso mehr freuen sich unsere Nachbarn, die ja auch zugleich Konkurrenten im Wettstreit um Bürger und Gäste sind.

Natürlich kann man schnell sagen: Fulda liegt im Speckgürtel von Frankfurt und hat den großen ICE-Knoten. Das ist zwar richtig, hilft uns aber nicht. Wir müssen unsere Stadt weiterentwickeln und auf neue Ge­gebenheiten und Trends ausrichten, um Bad Hersfeld für unsere Bürger und unsere Gäste liebenswert und attraktiv zu halten. Dafür werde ich mich einsetzen. Die Verwaltung, der Magistrat und ich haben mit diesem Haushaltsentwurf unsere Hausaufgaben gemacht. Nun obliegt es Ihrem Geschick, daraus einen beschlossenen Haushalt 2018 zu machen. Ich wünsche uns allen gute Beratungen.

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.