24.11.2020
Im Januar 2020 hatte der Magistrat der Stadt Bad Hersfeld einen Antrag auf Abweichung vom Regionalplan Nordhessen für das geplante Sondergebiet zur Ansiedlung eines Kaufland-Verbrauchermarktes gestellt.
Dieser Abweichungsantrag stand am Montag 23. November auf der Sitzung des Zentralausschusses des Regierungspräsidiums (RP) Kassel zur Entscheidung an. Mit Schreiben vom Freitag (20. November) hatte der Bürgermeister den städtischen Antrag zurückgezogen. Er erläutert die Hintergründe:
„Der Investor hatte seit längerem, zuletzt in der Sitzung des Ausschusses für Stadtplanung und Umwelt Ende September, auf eine baldige Entscheidung Wert gelegt, da sich das Verfahren schon lange hinzöge. Mit ihm war bis Mitte letzter Woche vereinbart, die städtische Position durch den Bürgermeister und den Fachbereichsleiter auf der Montags-Sitzung des Zentralausschusses nochmals persönlich zu erläutern.
Am Donnerstagmittag (19. November) nahm der Investor dann Kontakt zu mir auf. Angesichts der massiven Kritik in der Beschlussvorlage des RP-Gremiums, insbesondere an unserem GMA-Gutachten zur Auswirkungsanalyse der Kauflandansiedlung, sehe er unter diesen Rahmenbedingungen keine Erfolgschance mehr in dem bisher vereinbarten Vorgehen.
In enger Abstimmung mit dem Investor (ohne den das Projekt nicht stattfindet!) habe ich daraufhin eine Zurücknahme des Antrages entschieden.
Zum einen, um das große Risiko einer endgültigen Absage durch das Regierungspräsidium zu vermeiden, dann wäre das Thema auf unabsehbare Zeit erledigt gewesen. Zum zweiten, um der GMA die Möglichkeit zur inhaltlichen Stellungnahme/Überarbeitung gegenüber der Stadt und dem RP zu geben und gegebenenfalls einen neuen Antrag auf Abweichungsver-fahren durch die Stadt stellen zu können.
Die Entscheidung ermöglicht es der Stadt aus meiner Sicht, sich weitere Schritte (z.B. eine neue Antragsstellung) offenzuhalten. Diese werden insbesondere von einer grundsätzlichen Entscheidung des Investors abhängen.
In der kurzfristigen Abwägung innerhalb von Stunden habe ich entschieden, dem Wunsch des Investors nachzukommen, weil es für die Stadt und den Investor die beste Option war.
Mir ist bewusst, dass meine Festlegung vom Freitag letzter Woche kommunalrechtlich als strittig angesehen werden kann. Aufgrund der Kurzfristigkeit war eine Beteiligung der Stadtverordnetenversammlung (bzw. in Coronazeiten ersatzweise des Haupt- und Finanzausschusses) aber nicht mehr möglich.
Niemand hat jedoch etwas davon, wenn wir zwar politisch und verwaltungsrechtlich „fadengerade“ handeln, uns dabei aber mittlerweile entweder der Investor abspringt oder das Projekt einen schnellen Tod in einem Kasseler Sitzungssaal stirbt.
Es gilt daran zu erinnern, was von Anfang an allen Beteiligten klar war: Eine Erfolgsgarantie für das Projekt gibt es nicht, denn die Stadt kann die Kaufland-Ansiedlung nicht alleine entscheiden. Dass die Widerstände groß sein würden, zeigte sich auch einen Tag später, genau geplant am Samstag letzter Woche, als einige unserer Nachbargemeinden ihre massive Kritik an der Kauflandansiedlung in Bad Hersfeld öffentlich gemacht haben.
Geradezu schockiert war ich, als während der gestrigen Magistratssitzung ein Stadtrat offenbarte, dass er aufgrund von Gesprächen mit Parteifreunden aus der RP-Regionalversammlung bereits seit Monaten wusste, dass das Projekt ohnehin keine Zustimmung erhalten würde. Somit hat mindestens eine Partei die Verwaltung über Monate sinnlos arbeiten lassen und den Investor zu weiteren unnötigen Geldausgaben motiviert, wahrscheinlich um den Bürgermeister am Ende ins offene Messer laufen zu lassen und dies im anstehenden Kommunalwahlkampf politisch zu nutzen.
Ich empfinde skandalös, wie hier mit Steuergeldern und der Glaubwürdigkeit der Stadt umgegangen wird, um parteipolitisch zu profitieren. Eine Werbung für den Standort Bad Hersfeld ist das jedenfalls nicht.“